„… und so lebten sie glücklich und zufrieden bis an ihr Ende!“, sagt Papa und will gerade leise aufstehen, um sich aus Belindas Zimmer zu schleichen. „Noch eine!“, ruft Belinda. Sie knipst ihre Taschenlampe an und richtet den Lichtstrahl direkt auf ihn. „Papa! Du bohrst ja in der Nase!”, ruft sie überrascht. „Und zu mir sagt ihr immer, das wäre eklig!“ Papa kramt verlegen ein Taschentuch aus der Jeanstasche und schnäuzt sich. „Ist es ja auch“, sagt er dann. „Das macht man wirklich nicht … hier bei uns jedenfalls nicht.“
Er macht eine Pause. „Aber bei den Nasi-Naso-Indianern, die auf einer versteckten kleinen Insel südlich des Äquators leben, ist es sogar denkbar unhöflich, wenn man nicht ab und zu in der Nase bohrt!“ „Ach!“, sagt Belinda und setzt sich auf. „Echt?“ Papa nickt. „Leg dich wieder hin, mach die Augen zu und gib mir die Taschenlampe, dann erzähl ich dir mehr davon!“ Nachdem Papa das Zudeck rund um Belinda wieder so festgesteckt hat, wie sie es mag, erzählt er weiter: „Die Nasi-Naso-Indianer haben alle ziemlich große Nasenlöcher. Manche sind so groß, dass man bequem mit Daumen und Zeigefinger gleichzeitig in einem Nasenloch bohren kann.“ Belinda versucht das auch, aber mehr als ein Finger passt einfach nicht in ihre Nase. Mama steckt den Kopf durch die Tür. „… Liebespaare bohren sich gegenseitig liebevoll in der Nase …“, sagt Papa mit einem Blick in ihre Richtung. Mama rollt mit den Augen und macht die Tür ohne ein Wort wieder zu. „Krass!“, sagt Belinda. „… die Nasi-Naso-Indianer lernen in der Nase zu bohren, noch ehe sie sprechen, laufen und schwimmen lernen“, fährt Papa fort. „Echt?“, fragt Belinda. Papa nickt. „Weil sie so große Nasen – und vor allem auch so riesige Nasenlöcher haben, müssen sie sogar regelmäßig in der Nase bohren, damit die Nase und die Nasenlöcher immer schön sauber und gepflegt aussehen. Mama und ich fragen dich abends immer …“ „… hast du dir die Füße gewaschen und die Zähne geputzt?”, sagen Papa und Belinda im Chor. Papa lacht. „Und bei den Nasi- Naso-Indianer fragen die Eltern ihre Kinder, bevor sie ihnen eine Gutenachtgeschichte erzählen: Habt ihr auch ordentlich gepupst und ausgiebig in der Nase gebohrt?” „Pupsen müssen sie auch?“, fragt Belinda begeistert und beweist sofort, dass sie sich ohne Weiteres auch südlich des Äquators bei den Nasi- Naso-Indianern perfekt zu benehmen wüsste. „Puh!“, sagt Papa und wedelt mit der Hand vor der Nase. „Dann bringe ich mich jetzt lieber mal in Sicherheit!“ Er gibt Belinda einen Gutenachtkuss. „Aber ab morgen denke bitte wieder daran, dass wir hier nördlich des Äquators und in Wiesloch leben!“, sagt er grinsend. Belinda schickt zum Abschied noch einen zweiten Pups hinterher und lacht. „Mal sehen!”, sagt sie, als Papa die Tür hinter sich zumacht.
Auch zu lesen in: Die schönsten Gutenacht-Geschichten für die Kleinen, Ellermann Verlag, Hamburg 2010, ISBN-13: 978-3-7707-2480-2